Schlagwort-Archive: AfD

Wenn politische Kommunikation so richtig schief geht

„Virtue Signaling gone wrong“ wollte ich diesen Text eigentlich zunächst überschreiben. „Virtue Signaling“ bezeichnet angebliche Kommunikation mit der Allgemeinheit, mit der aber eigentlich nur die eigene politische Blase erreicht werden soll. Oft passiert das in einer geradezu theatralischen Weise, die das Gesagte für Nicht-Eingeweihte fast wie eine Karikatur wirken lässt. Erst wenn man es als Schauspiel für ein ganz bestimmtes Publikum begreift, dem damit Loyalität und Zugehörigkeit signalisiert wird, ergibt es Sinn.

Und damit sind wir bei einer weiteren vollkommen überflüssigen Debatte in der deutschen Politik- und Medienwelt. Und wenn wir hier schon mit Social-Media-Slang um uns werfen, wäre ich für den Hashtag „#Vollhorst“.

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Wo bleibt der Aufschrei?

Der Anschlag von Hanau hat zehn Todesopfer gefordert. Das ist nur wenige Stunden her, doch während die Politik seltsam ruhig bleibt, läuft in den Medien schon jetzt das Programm an, um in relativ kurzer Zeit zur Routine überzugehen. Die Mehrheitsgesellschaft ist gerade wieder dabei, die Reaktion auf den Terror als Pflichtübung abzusitzen und das ist ein Problem. Hier tut sich eine Spaltung auf, die es selten in die Talkshows schafft.

„Einzeltäter“, „geistig verwirrt“, Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner twittert von „wahlloser Tötung“. Medien schreiben von „Ausländerfeindlichkeit“ oder „Fremdenfeindlichkeit“. Und das sind nur einige der Baustellen, an denen wir aus verschiedenen Gründen ansetzen müssen.

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So liebe „Bürgerliche“, jetzt müsst ihr euch entscheiden…

Zugegeben, so langsam kommen wir hier an einen Punkt, an dem zum Thema Ministerpräsidentenwahl in Thüringen auch bei Deliberation Daily alles gesagt wurde, nur nicht von jedem. Stefan Sasse, Ariane und zuletzt Ralf haben das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und dabei viele richtige Punkte.
Gleichzeitig sind in den Kommentaren unter den Artikeln und auch im Text von Stefan Pietsch zu dem Thema die immer gleichen rechten Narrative und zu einem guten Teil Lügen wiederholt wurden und leider oft nicht oder nicht mit den Argumenten widersprochen wurde, die ich mir gewünscht hätte. Dasher möchte ich im Folgenden eher noch mal im einzelnen auf einige dieser Narrative eingehen und einen Ausblick auf die Zukunft versuchen.

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Der rechte Rand – es geht um die Hackordnung

Die Ergebnisse der Landtagswahl in Thüringen sollten eigentlich nicht überraschen. Die Umfragen haben das Potenzial der Rechtsextremen erfasst, die Wahlen in Brandenburg und Sachsen hatten vergleichbare Ergebnisse gebracht. Doch als wäre das eine vollkommen neue Entwicklung geht das Rätselraten los, was denn diesen „Rechtsruck“ ausgelöst haben könnte: Arbeitslosigkeit, fehlende Anbindungen und kulturelle Angebote auf dem Land, der Wegzug von jungen Menschen und besonders Frauen usw.

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Die ideologische Vorarbeit zum Anschlag in Halle

Der Terror-Anschlag von Halle an der Saale – und um nichts anderes geht es hier, schließlich würde man bei keinem anderen politischen oder religiösen Hintergrund das Narrativ des „einsamen Wolfs“ akzeptieren – zeigt vor allem eines: Die Gefahr rechtsradikaler Gewalttaten ist vorhanden, bleibt hoch und eine weitere Eskalation ist im Bereich des Möglichen.
Der Boden dafür wurde in den letzten Jahren Bereitet. Sicher, ein gewisses Maß an Antisemitismus war auch nach dem Ende der Naziherrschaft und des zweiten Weltkriegs nie verschwunden und gährte im Hintergrund immer vor sich hin. Aber die Verschiebung des gesamten politischen Diskurses, der diese und andere Gewalttaten befördert hat, haben die selbsternannten „Konservativen“ und „Bürgerlichen“ Hand in Hand mit der neuen Rechten besorgt.

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Der alte Mann versinkt im Meer der Bedeutungslosigkeit

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán besucht Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl in seinem Privathaus in Oggersheim. Das müsste keine Nachricht sein, wenn Orbán nicht ein Symbol für den Rechtsruck in vielen osteuropäischen Staaten wäre und sich mit seinen Gesetzen, etwa gegen die Unabhängigkeit der Justiz oder gegen die Pressefreiheit, immer weiter der Grenze zur Diktatur annähern würde.

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Der Aufstieg der AfD – das Versagen des linken Spektrums

Der Kater am Morgen nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt fällt dieses Mal besonders hart aus. Die AfD hat in allen drei Bundesländern zweistellige Ergebnisse erreicht. In Sachsen-Anhalt entschied sich, die NPD eingerechnet, mehr als jeder vierte Wähler für eine fremdenfeindliche Partei.
Die anderen Parteien bemühen sich nach Kräften, die Niederlage klein zu reden. Sowohl CDU, SPD als auch Grüne wurden zwar eigentlich in allen drei Urnengängen gerupft, versuchen aber vor allem die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass sie in dem Bundesland, in dem sie jeweils bisher regiert haben, nach wie vor die Mehrheit stellen, während sich die AfD an die Brust heften möchte, die von den „Altparteien“ vergraulten Wähler wieder zur Abgabe ihrer Stimmen bewegt zu haben. Wie konnte es so weit kommen?

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Dies- und jenseits des Atlantik: Rechte auf dem Vormarsch

Was waren das noch für Zeiten, als wir Deutschen uns ganz entspannt über die Tea Party in den USA lustig machen konnten. Klar, auch bei uns schafften es Sarrazins pseudowissenschaftliche Pamphlete in die Bestsellerlisten und bestätigte vielen versteckten Fremdenfeinden, was sie schon immer zu wissen glaubten und mancher Politiker entdeckte seine Begeisterung für angeblich bisher totgeschwiegenen Themen, doch insgesamt schien das demokratische Immunsystem hierzulande noch weitgehend intakt.
Das ist lange vorbei. Nicht nur lassen sich in Deutschland (und weiter Teilen Europas) die Regierungen von ihren nationalen Rechtspopulisten vor sich her treiben, auch die rechten Parteien selbst können bei den drei kommende Woche anstehenden Landtagswahlen je nach Bundesland mit zwischen gut 10% und knapp 20% rechnen.

Die Ähnlichkeiten zwischen AfD und Tea-Party wurden bereits häufiger herausgearbeitet. Xenophobie wird mit neoliberalen Vorstellungen von Wirtschaftspolitik gemischt, so zumindest das Prinzip der Lucke-Ära, das sich bis heute über weite Strecken des AfD Programms erstreckt. Es scheint nicht zu stören, dass damit eigentlich genau das Gegenteil dessen erreicht würde, was die um ihre wirtschaftliche Sicherheit fürchtenden Anhänger einfordern. Doch Abneigung und Misstrauen gegen Medien und etablierte Institutionen wirken als Schutzschild gegen das Aufzeigen von Widersprüchen. Auf diesem Weg gelang es auch in den USA, arme Menschen dazu zu bringen, für Steuernachlässe für Milliardäre zu demonstrieren.
Doch gerade in den USA sieht man heute, dass diese Formel nicht mehr so recht funktionieren mag. Die in der Tea Party groß gewordenen Kandidaten Cruz und Rubio gelingt es kaum mehr, Wähler zu mobilisieren. Bizarrerweise gilt letzterer einigen aktuell gar als der gemäßigte Vertreter in der republikanischen Partei.

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Aus den Augen, aus dem Sinn

Das Entsetzen ist groß. Die AfD Vorsitzende Frauke Petry fordert, dass Flüchtlinge auch mit Waffengewalt vom Grenzübertritt abgehalten werden müssen. Beatrix von Storch, ihres Zeichens AfD Vorsitzende in Berlin, hält in einem Interview auch Waffengewalt gegen Frauen und Kinder für gerechtfertigt, fühlt sich aber im Nachhinein missverstanden. Derweil kocht die Empörung. Sigmar Gabriel verlangt gar eine Beobachtung der Alternative für Deutschland durch den Verfassungsschutz.

Dabei könnte man den Vertretern der AfD zumindest eines zugute halten: Sie sind ehrlich in dem, was sie fordern. Menschenverachtend? Sicher sogar. Aber jeder, der über Obergrenzen diskutiert wie Horst Seehofer, die Flüchtlinge von der lupenrein demokratischen Regierung de Türkei abfangen lassen möchte wie Angela Merkel oder eine Rückkehr zu den Dublin-Abkommen fordert, wie der FDP-Vorsitzende Christian Lindner letzte Woche im Landtag von Nordrhein-Westfalen, fordert in letzter Konsequenz genau das, was Petry und von Storch verlangen.

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